10.06.2024

"Junge Menschen stimmen für Europa. Ihre Zukunftsängste sollten ein Weckruf für alle demokratischen Parteien sein!"

BJR-Präsident Philipp Seitz betont pro-europäisches Votum einer großen Mehrheit der Erstwähler:innen. "Jetzt müssen Demokratiebildung und Jugendarbeit gestärkt werden."

Die vorläufigen Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament am gestrigen Sonntag kommentiert der Präsident des Bayerischen Jugendrings (BJR), Philipp Seitz:

„Eine große Mehrheit der Erstwähler:innen zwischen 16 und 24 Jahren hat für Europa gestimmt. Mehr als zwei Drittel dieser Alterskohorte wählten Parteien, die für die europäische Integration und für den Zusammenhalt der Mitgliedstaaten stehen. Dass junge Menschen in Deutschland mehrheitlich überzeugte Europäer:innen sind, belegt auch das in der dieser Altersgruppe gute Abschneiden der Partei Volt, die es außerdem verstanden hat, im Wahlkampf dezidiert junge Wähler:innen anzusprechen.“

An einer gezielten Ansprache junger Wähler:innen mangelte es nach Ansicht von BJR-Präsident Seitz im Europa-Wahlkampf fast aller Parteien: „Zahlreiche Studien belegen, dass junge Menschen in Europa verstärkt von Zukunftsängsten umgetrieben werden. Dass ihr Zutrauen in die Politik schwindet und sie den Eindruck haben, ihre Stimmen würden nicht gehört und würden gegenüber den Interessen älterer Wähler:innen untergehen, ist ein sehr ernster Befund. Er sollte ein Weckruf für alle demokratischen Parteien sein.“

Themen, die jungen Menschen Sorgen bereiten, werden nach Überzeugung des BJR-Präsidenten von den demokratischen Parteien bislang nicht ausreichend angesprochen: „Die Jugend ist politischer denn je, ihr Interesse an politischen Themen ist in den vergangenen Jahren stetig angewachsen. Aber interessiert sich die Politik auch für die Jugend? Für ihre Probleme mit steigenden Lebenshaltungskosten, unbezahlbaren Mieten, für ihre Zukunftsängste mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und die in Deutschland angestoßene Wehrpflicht-Debatte?“

Auch heute noch seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie spürbar und der jungen Generation in Erinnerung geblieben. Die Einschränkungen und der damit verbundene Verzicht auf schulische und außerschulische Gemeinschaftserlebnisse hätten die jungen Menschen hart getroffen: Die Schulschließungen, die Schließungen der Unis, die harten Regulierungen, die zulasten von Sozialkontakten gingen und die ihre Gesundheit nachhaltig negativ beeinflussten.

„Die junge Generation fühlt sich ein Stück weit vergessen. Nach der Corona-Pandemie folgten weitere Krisen mit den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten. Was junge Menschen jetzt brauchen, ist Halt, Orientierung und Stabilität. Das gibt ihnen die Jugendarbeit, denn die schafft Gemeinschaft und ist ein wertvoller Anker in bewegten Zeiten.“

Zum Erstarken rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien in der EU sagte Seitz: „Wir sollten uns nicht auf ‚die Jugend‘ fokussieren, wenn es um den Erfolg dieser Parteien geht. Die haben Zulauf aus allen Altersgruppen. Ihre einfachen Antworten auf eine komplexe und fordernde Gegenwart sind unseriös und oft auch schlicht falsch, aber für viele verlockend. Leider haben sich bei dieser Europawahl viele verlocken lassen. Wenn auch junge und in der Regel besonders idealistische Menschen Werte wie Solidarität und Menschlichkeit infrage zu stellen scheinen, muss man genau hinschauen. Wir müssen mit jungen Menschen reden, statt über sie. Sie müssen wahrgenommen und beteiligt werden."

Auch das Thema Migration beschäftigt laut der Trendstudie „Jugend in Deutschland“ die junge Generation. Seitz kritisiert, dass vulnerable Gruppen der Gesellschaft von populistischen Parteien im Wahlkampf gegeneinander ausgespielt wurden: „Mitunter werden Gruppen gegeneinander in Position gebracht, wo es in der Sache kein Gegeneinander gibt. Gegen diese Spaltung der Gesellschaft, gegen diese Rhetorik müssen wirksame Gegenmittel gefunden werden.“

Jetzt müssten die demokratischen Parteien ihre Hausaufgaben machen, so der BJR-Präsident: „Wer die Demokratie auf unserem Kontinent stärken will, darf bei der Jugend nicht sparen. Wir brauchen Investitionen in Demokratie-Bildung, in Jugendarbeit, in die Bedarfe der jungen Generation generell. Die demokratischen Parteien müssen jetzt mit Taten zeigen, dass man verstanden hat: Junge Menschen sind zwar eine demografische Minderheit in allen EU-Mitgliedsstaaten, aber sie sind die Zukunft Europas.“

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Ellen Daniel
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